Akademie-News

PERSÖNLICHE ERFAHRUNGEN AUS DER CORONA-ZEIT | TEIL 1

Auf Anfrage der Redaktion der «Theodosia» hin haben sich zahlreiche Schwestern gemeldet mit persönlichen Erfahrungen und Überlegungen zur Corona-Zeit.
Einige Schwestern waren selber krank, andere haben in Notsituationen Hilfe geleistet, wieder andere waren einfach innerlich betroffen und haben neue Erfahrungen gemacht. Unter allen Einsendung waren Beiträge aus Uganda, aus der Provinz Indien-Süd und Zentral-Indien, aus der Provinz Europa Mitte, dem Vikariat Brasilien und eben auch drei persönliche Berichte aus Hegne.

Im ersten Teil der dreiteiligen Serie möchten wir Sr. Werenfried Maier vorstellen. Sie ist Provinzarchivarin und lebt hier bei uns in Hegne in der Provinzhaus-Gemeinschaft sowie ihre Erfahrungen während ihrer 10-Tage-Quarantäne:

«Das Wort Krise setzt sich im Chinesischen aus zwei Zeichen zusammen. Das eine bedeutet Gefahr, das andere Gelegenheit.» John F. Kennedy

Erste Reaktion: Unsicherheit, ich wittere Gefahr, ob ich evtl. angesteckt wurde! Dann folgt ein inneres «Motzen» – bin doch negativ getestet, was soll das? Da ich die medizinischen Erkenntnisse ernst nehme und achte, begann ich mit der Annahme der Tatsachen: zehn Tage «Ein-Zimmer-Rückzug», keine Präsenz-Kontakte, Essen steht vor der Zimmertüre, Tag für Tag dasselbe! Ich erkannte am 2. Tag, dass ich für diese Zeit eine gute Struktur brauche. Ich packte die Gelegenheit beim Schopf und schrieb mir eine Tagesordnung auf:

6.30 Uhr Aufstehen und Frühstück – Laudes – Tagesimpuls meditieren – Akten bearbeiten, die ich noch schnell vor Quarantänebeginn in mein Schlafzimmer geschafft hatte – Mittagessen – Gebetszeit – Sesselzeit (Beine hoch) – spannende Lektüre – 14.00 Uhr Rosenkranz (10 Schritte hin und her, Vorsicht Wand) – Akten sichten, sortieren – 17.30 Vesper – Nachtessen – Radionachrichten – Sudoku-Extrem oder Puzzeln – Komplet – Amen!

Meine Erfahrungen aus dieser Zeit:
1. Die Tagesstruktur war äußerst hilfreich!
2. Ein winziges Virus bestimmt über mich!
3. Kontaktlosigkeit (Telefonanrufe sind kein Ersatz für Blickkontakt) macht zurückhaltend – sogar noch beim ersten Wiedersehen mit den Mitschwestern.
4. Gott zwingt mich auf die Knie: Ich kann meinen Tag nicht leben, wie ich will. Seine Naturgesetzte bieten mir eine von vielen Gelegenheiten, SEINE Stimme in der Isolation neu zu hören.
5. Neue Dankbarkeit für meine Gesundheit, meine physische Stabilität.
6. Neue Dankbarkeit für meine Gemeinschaft, die mich in dieser Zeit getragen hat (Gebetsbegleitung, Telefonanrufe mit aufmunternden Worten, liebe Kartengrüße vor der Türe, die ersten Gänseblümchen etc.)

Ganz persönlich bin ich überzeugt, dass das Kennedy-Zitat auch uns Schwestern etwas zu sagen hat: Krisen sind nicht nur eine Gefahr in unserem Dasein, sondern bieten auch die Gelegenheit, in verschiedenen Bereichen umzudenken – zu denken und vielleicht auch zu danken.

Alle Beiträge finden Sie hier: www.scsc-ingenbohl.org/wp-content/uploads/Theodosia_4-2021.pdf