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PERSÖNLICHE ERFAHRUNGEN AUS DER CORONA-ZEIT | TEIL 3

Schwester Anna Xaver Engler berichtet, wie sie im Januar 2021 an Corona erkrankte und was die Zeit sie lehrte: 

Eine gewisse Routine, mit der Gefährdung durch Corona zu leben, war eingekehrt: Alle kannten die Hygienevorschriften und hielten sie ein. Gute, sachgerechte Informationen und drei Mal in der Woche testen, ungefähr nach dem Motto «Mit Vertrauen in den Tag» – so lief das bis zum 12. Januar 2021. An diesem Tag bekam ich einen Anruf von der Pflegedienstleitung. Überraschung: "Corona positiv!"
Gehört, aber nicht wirklich angekommen! Wie im Traum habe ich meine sieben Sachen zusammengepackt und ging in die Quarantäne. Erst am nächsten Tag kam das bittere Erkennen: ICH bin es, die Corona hat, nicht die anderen. Ich dachte zurück: Ich war gut drei Tage in der Gemeinschaft, in der Kirche, am Arbeitsplatz – mit Corona. Der Gedanke, ich könnte die Mitschwestern angesteckt haben, hat mich voll in Beschlag genommen.
Mein Beten war wie ins Leere schauen: "Lieber Gott, lass nicht zu, dass die anderen Schwestern infiziert sind!"
Nach drei Wochen kehrte ich zurück in die Gemeinschaft – zu meinem großen Erstaunen: Niemand von den Schwestern war an Corona erkrankt. Für mich sagte ich immer wieder: "Ich habe ein Wunder erlebt."
Heute spüre ich zwei Weltgeschichten in mir. Vor über 20 Jahren arbeitete ich für zwei Jahre in einem Hospiz für an Aids erkrankte Menschen in Frankfurt. Mein Erleben, mein Horizont, meine religiöse Welt war im Umbruch hin zu einem erweiterten Denken. Werte wie Vertrauen haben ein Lebensfundament bekommen.
Corona ist anders, keine Epidemie, sondern eine Pandemie in der ganzen Welt. In dieser kurzen Zeit reifte das Erkennen, wie nah wir uns auf dem ganzen Globus sind. Auch ein neues Verstehen des Gründerauftrags erfüllte mich: "Ich soll, wo ich bin, mit den Menschen deren Lebensweise fördern und Leben teilen, gemeinsam mutig auf dem Weg bleiben mit meinen Talenten und Kräften von heute."
Auch ein erweitertes Verstehen des Gehorsams ging mir auf: "Er gilt über die Anweisungen der Oberen hinaus auch für verantwortungsvolle Anweisungen anderer."
Ich möchte danken, dass ich Corona in nicht allzu schwerer Form durchgestanden habe. Dank den Mitschwestern, die mich in der Zeit der Quarantäne versorgt und begleitet haben. Der Artikel 45 unserer Konstitutionen geht in neuem Licht weiterhin mit mir: «Gottes Gegenwart erfahren wir nicht nur im persönlichen und gemeinschaftlichen Beten, sondern auch in der Begegnung mit den Menschen und den Geschehnissen der Zeit.»

(Schwester Anna Xaver Engler)